Seit dem Umbruch 2011 kam es in Tunesien zu einer Zunahme von Anschlägen und Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und mutmaßlichen Terroristen.
Waren zunächst vor allem Sicherheitskräfte Ziel der Anschläge waren, kommt es seit 2015 auch zu Angriffen auf Zivilisten. In Tunesien sind verschiedene Gruppen aktiv: Ansar al Sharia und die Okba Ibn Nafaa-Brigade stehen Al Qaida im Islamischen Maghreb (AQMI) nahe. Seit 2015 ist auch der Islamische Staat (IS) in Tunesien aktiv. Tunesier stellen die größte Gruppe ausländischer Kämpfer in Syrien und dem Irak. Bei der Rekrutierung sollen hohe Summen fließen, so ein UN-Bericht.
Durch Anti-Personen-Minen und bei gezielten Anschlägen kamen seit 2011 mehrere Dutzend Sicherheitskräfte ums Leben. Zudem wird das Land zunehmend zum Waffenumschlagplatz der Region, da es der Armee offenbar nicht gelingt, die langen Landgrenzen im Süden zu Libyen und Algerien zu sichern. So werden immer wieder Waffendepots entdeckt. Neben dem Schmuggel nach Algerien und Mali kommen die Waffen aber auch in Tunesien zum Einsatz.
Hinzu kommt, dass immer mehr junge Tunesier nach Syrien und in den Irak gehen, um dort auf Seiten der Islamisten von Al Qaida oder dem IS zu kämpfen. Allein in Syrien sollen mehr als 3000 Tunesier kämpfen. Das Szenario, dass diese radikalisierten Kämpfer irgendwann nach Tunesien zurückkehren, bereitet nicht nur den Sicherheitskräften Sorgen. Ende August 2013 erklärte die tunesische Regierung die salafistische Organisation Ansar AlShariya zu einer terroristischen Organisation, die Al Qaida im islamischen Maghreb nahe stehe.
Bei Kämpfen um den Chaambi-Berg an der algerischen Grenze kamen mehr als ein Dutzend Sicherheitskräfte ums Leben. Die Gruppe Ansar Al Sharia wird von der tunesischen Regierung auch für die Ermordung der Oppositionspolitiker Chokri Belaid (6. Februar 2013) und Mohamed Brahmi (25. Juli 2013) verantwortlich gemacht. Waffenschmuggel aus Libyen und Algerien hat seit der Revolution zugenommen, immer wieder kommt es zu Festnahmen und teils gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Schmugglern und Sicherheitskräften. Inzwischen finden sich auch in anderen Regionen wie zum Beispiel im Süden oder im Siliana im Nordosten des Landes radikale Gruppierungen.
Am 18. März 2015 kam es zum ersten Mal seit mehr als zehn Jahren zu einem Angriff auf zivile Ziele. Im Bardo-Museum in Tunis wurden mehr als 20 Touristen sowie ein tunesischer Polizist getötet, als mutmaßliche Djihadisten das Feuer auf die Besucher eröffnet hatten. Die Attentäter waren Tunesier, die in Trainingscamps in Libyen im Waffengebrauch ausgebildet wurden. Mutmaßliche Hintermänner wurden wenige Tage nach dem Angriff festgenommen, weitere neun Djihadisten von einer Sondereinheit der Nationalgarde zehn Tage nach dem Angriff erschossen, darunter auch der Algerier Lokmane Abou Sakher, der Kopf der Katibat Ibn Oqba-Brigade, einer Gruppe radikaler Islamisten, die Al Qaida im Islamischen Maghreb (AQMI) angehört.
Die tunesische Regierung hatte AQMI für den Anschlag verantwortlich gemacht, während sich im Vorfeld bereits der Islamische Staat (IS) dazu bekannt hatte. Dies wirft Fragen auf sowohl in Hinblick auf mögliche Verschiebungen innerhalb der beiden verfeindeten Gruppen Al Qaida und IS, wie auch in Hinblick auf die Kompetenzen und Intentionen der tunesischen Regierung.
Zu einem weiteren Anschlag am 26. Juni 2015, bei dem in Sousse 38 Touristen von einem Terroristen erschossen wurden, bekannte sich ebenfalls der IS. Der Attentäter soll gemeinsam mit den Bardo Attentätern in Libyen im Umgang mit Waffen ausgebildet worden sein, so die tunesischen Behörden. Auch ein Angriff auf einen Bus der Präsidialgarde mit zwölf Toten im November 2015 soll auf das Konto von IS gehen. Eine Untersuchung einer tunesischen NGO über die Profile der in Terrorverfahren verurteilten und beschuldigten Personen zeichnet ein detailliertes Bild über die Hintergründe und Lebensläufe der Täter.
Die Übergangsregierung unter Mehdi Jomaa hatte wie auch die neuen Regierungen unter Habib Essid und Youssef Chahed die Anstrengungen gegen terroristische Gruppierungen verstärkt, allerdings kam es dabei auch zu hohen Verlusten bei den tunesischen Sicherheitskräften. Die Bilanz fällt gemischt aus und sorgt bei vielen Tunesiern für Sorge, dass dies zum Vorwand genommen werden könnte, Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten einzuschränken. Nach dem Angriff auf das Bardo-Museum mehrten sich die Stimmen in Bevölkerung und Politik, die eine rasche Verabschiedung des neuen Antiterror-Gesetzes fordern. Konkrete Initiativen zur Deradikaliserung extremistisch eingestellter Jugendlicher oder Djihad-Rückkehrer sind erst in jüngster Vergangenheit in den Blick der Regierung geraten.
Sicherheits-dominierte Ausrichtungen der Politik dominieren nach wie vor und werden teilweise auch von ausländischen Regierungen unterstützt. In der jüngsten Vergangenheit hat sich die Reaktion der tunesischen Sicherheitskräfte auf Extremisten verbessert. Extremistische Bewegungen existierten allerdings auch vor 2011. So verübten zum Beispiel Al Qaida nahestehende Täter einen Anschlag auf die Al Ghriba-Synagogue auf Djerba (April 2002). Zum Jahreswechsel 2006/07 lieferten sich tunesische Sicherheitskräfte mehrtägige Auseinandersetzungen mit Extremisten südlich der Hauptstadt Tunis. Diese Vorgänge wurden in der Regel so weit wie möglich von der Regierung vertuscht oder als Unfälle ausgegeben.
Sicherheit für Ausländer
Trotz der politischen Unruhen während und nach der Revolution war Tunesien ein relativ sicheres Reiseland. Ausländer waren während der Revolution nie Ziel von Angriffen. Mit dem zunehmende Einfluss djihadistischer Gruppen wächst allerdings die Bedrohung. Bei den Angriffen auf das Bardo Museum am 18. März und auf ein Hotel in Sousse am 26. Juni 2015 kamen insgesamt mehr als 60 Menschen ums Leben, die meisten waren ausländische Touristen. Im Herbst 2013 wurden in Sousse und Monastir Anschläge in Hotelnähe vereitelt, bei denen ein mutmaßlicher Attentäter ums Leben kam. In der Vergangenheit kam es vereinzelt zu Anschlägen, zuletzt im Frühjahr 2002 auf die Synagogue La Ghriba auf Djerba, bei der auch deutsche Urlauber ums Leben kamen.
Alltagskriminalität wie zum Beispiel Taschendiebstähle treffen Tunesier wie Ausländer gleichermaßen, vor allem in Großstädten. Körperliche Übergriffe sind dabei aber sehr selten. Der Polizeinotruf ist aus dem tunesischen Netz unter 197, die Feuerwehr unter 198 zu erreichen.
Vor allem in den Touristenhochburgen an der Küste kommt es immer wieder zu sexistischer Anmache von Ausländerinnen. Das sogenannte Bezness, Sexualtourismus von meist weiblichen Touristen einerseits und die gezielte Kontaktaufnahme von meist jungen Tunesiern mit Ausländern, um materielle Gegenleistungen oder sogar europäische Papiere zu erhalten, ist hier weit verbreitet und fördert dieses Phänomen noch zusätzlich.
Nachtfahrten über Land sollten auf Grund schlechter Straßenverhältnisse und damit verbundener erhöhter Unfallgefahr sowie möglicher Kontrollen falscher Sicherheitskräfte vermieden werden.
Die lokale Presse und die Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes bieten aktuelle Informationen. Wer länger im Land bleibt kann sich über die Seite der Botschaft auf die Krisenvorsorgeliste des Auswärtigen Amtes eintragen lassen.
Die Texte stammen vom Länderportal der GIZ, welches vom Netz genommen ist. Verfasser ist Sarah Mersch, freie Journalistin und Trainerin. Sie arbeitet unter anderem für verschiedene ARD Anstalten, die Deutsche Welle und Online- und Printmedien. Die Urheber wurden soweit möglich informiert, dass auf meiner Tourismusseite zu Tunesien die Inhalte veröffentlicht werden.