Rechtssystem

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Das tunesische Rechtssystem ist am französischen ausgerichtet und bis auf das islamische Erbrecht säkular. Korruption in der Justiz und Berufsverbote für oppositionelle Richter unter der Regierung Ben Ali haben für starkes Misstrauen der Bevölkerung gegen die Justiz gesorgt. Eine ernstzunehmende Reform der Justiz hat auch nach 2011 nicht stattgefunden. 

Die Harmonisierung des Rechtssystems in allen seinen Aspekten mit der neuen Verfassung wird eine wichtige Aufgabe der nächsten Jahre sein. Das zu gründende Verfassungsgericht wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Allerdings verzögert sich seine für 2015 in der Verfassung vorgesehene Gründung durch politische Querelen um die Unabhängigkeit beider Instanzen. 

Ordnung und staatliche Sicherheit 

Die tunesischen Sicherheitskräfte sind dreigeteilt: 

  • Polizei 
  • Nationalgarde 
  • Militär 

Die Polizei wird in Städten, die Nationalgarde auf dem Land eingesetzt. Beide unterstehen dem Innenministerium. Die Armee, die rund 30 000 bis 40 000 Mann stark ist, wird in Tunesien als Garant der Stabilität gesehen. Ihre Opposition zur Partei hat Geschichte und ist nicht erst mit der Revolution aufgetreten. Während das Militär, das sich im Verlauf der Geschichte meistens gegen die Polizei gestellt hat, hohes Ansehen genießt, haben die Tunesier wenig Vertrauen in die Polizei. Die Reform des tunesischen Sicherheitsapparats wird nach der Revolution als eines der dringendsten und schwierigsten Unterfangen angesehen. Nach wie vor gibt es gewalttätige Übergriffe der Polizei, die zum Beispiel in einer Studie der Internationalen Menschenrechtsliga (FIDH) dargelegt werden. Seit 2011 haben sich verschiedene Gewerkschaften der Sicherheitskräfte gegründet, darunter auch eine speziell für Polizistinnen. 

Der undurchsichtige Geheimdienstapparat aus der Zeit der Diktatur, ebenfalls im Innenministerium angesiedelt, wurde nach der Revolution teilweise aufgelöst. So verschwand die sogenannte Politische Polizei, ein Teil des Inlandsgeheimdienstes, aus dem Organigramm des Innenministeriums (wobei seine Mitarbeiter im Dienst blieben). Allerdings scheint seine Auflösung auch zum Teil für die Probleme der Terrorismusbekämpfung verantwortlich zu sein, da Kompetenzen und klare Strukturen fehlen. Außerdem liegt der Verdacht nahe, dass Teile des Sicherheitsapparats von Sympathisanten radikaler Islamisten unterwandert sind. Im Herbst 2015 wurden daher mehr als 100 Mitarbeiter entlassen.  

Im Frühjahr 2012 unternahm das Justizministerium erste Ansätze zur Reform des Gefängnisbereichs. Mehrere Gefängnisdirektoren wurden in den frühzeitigen Ruhestand versetzt. Das Gefängnis von Ennadhour, rund 60km nördlich von Tunis, wird Ende Juni 2012 geschlossen und soll in ein Museum umgewandelt werden. Allerdings kommt es nach wie vor zu Folter in der Haft und in Polizeigewahrsam, wie Berichte verschiedener Menschenrechtsorganisationen darlegen. Allerdings wurde Anfang 2016 ein Gesetz veröffentlicht, dass die Anwesenheit eines Anwalts in Gewahrsam garantiert.  

Deutschland hat 2015 mehrere Beamte nach Tunesien entsendet, die die Behörden bei der Terrorbekämpfung unterstützen sollen. Es gibt im Bereich der Grenzsicherung deutsch-tunesische Kooperationen im Ausbildungs- und Ausstattungsbereich sowohl an der Grenze zu Algerien als auch zu Libyen. Diese Kooperation ist auch in Deutschland nicht unumstritten.  

Die Texte stammen vom Länderportal der GIZ, welches vom Netz genommen ist. Verfasser ist Sarah Mersch, freie Journalistin und Trainerin. Sie arbeitet unter anderem für verschiedene ARD Anstalten, die Deutsche Welle und Online- und Printmedien. Die Urheber wurden soweit möglich informiert, dass auf meiner Tourismusseite zu Tunesien die Inhalte veröffentlicht werden.